Die "ausgebrochene" Bildungsrevolution in Gladenbach
verfasst von Christiane Herbert und Helmut Hinder am 02. März 2022.

Hallo,

das zweite Halbjahr des Schuljahres 2021/22 ist in vollem Gange. Eine Erkenntnis ist, dass uns Corona weiter begleiten wird, Die Omicron-Variante hat uns ziemlich fest im Griff. Wir alle sehnen uns nach einem Stückchen Normalität zurück, die uns der Sommer vielleicht verspricht.

Doch damit nicht genug. Der Krieg in der Ukraine lässt uns alle erschaudern. Die modernen Medien machen und zu Voyeuren dieser furchtbaren, kriegerischen Auseinandersetzung. Wie soll das die Erde, wie sollen wir das und wie vorallem sollen das unsere Kinder verkraften und verarbeiten?

Ganz andere, existentiell die Erde und damit die gesamte Menschheit bedrohende Probleme, wie der drohende Klimawandel, sollten von uns allen bearbeitet werden und treten doch unter dem Eindruck der aktuellen Kriegsereignisse in den Hintergrund.

Normalität sieht völlig anders aus.

Und doch wollen wir uns auch mit der schulischen Entwicklung in diesem Lande und hier insbesondere der Diskussion, wie die Digitalisierung in dieser Gesellschaft und dabei insbesondere in unseren Schulen gelingen kann, beschäftigen.

Den Digitalisierungsdiskussionen an unseren Schulen hat Corona einen enormen Schub verpasst. Ohne, aus unserer Sicht, im Vorfeld unbedingt notwendige, breit gefächerte Diskussionen in ausreichendem Maße geführt zu haben, in der die

  • Hirnforschung
  • Lernforscher*innen
  • Datenschutzexpert*innen
  • und Menschen, die Schulen nicht in den Fängen und damit der Abhängigkeit großer Konzerne sehen wollen
  • OpenSpource Expert*innen mit vielfältigen bereits gemachten Erfahrungen an Schulen
  • u.a.m.

zu Wort hätten kommen sollen, wurden und werden deutschlandweit Schulen nun mit Breitbandanschlüssen, Lernplattformen, Lernapps und natürlich digitalen Endgeräten vornehmlich einer bekannten Firma aus den USA überschüttet.

Viele Kolleg*innen begrüßen diese Vorgehensweise, werde ihre Arbeit doch dadurch sehr erleichtert. Auch Kinder und Schüler*innen finden es häufig ziemlich cool mit digitalen Engeräten ausgestattet zu sein.

Die Funktionsweise der Geräte ist smart, kostet die Eltern und Erziehungsberechtigten zwar in der Regel einige hundert Euro, aber, was macht man nicht alles, um den lieben Kleinen "beste" Voraussetzungen fürs Lernen in der Schule und die spätere Berufsausbildung zu ermöglichen.

 

Dass dafür mal kurzerhand die Lehrmittelfreiheit über Bord gegangen ist.

Sei's drum.

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Datenschutz und Datensouveränität?

Immer diese ewigen Bedenkenträger, behindern jede Entwicklung auf diesem Sektor. Also still sein.

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Vollständige Abhängigkeit gegenüber US-amerikanischen Monopolisten.

Lässt sich nicht ändern.

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IT-Firmen aus dem Hard-und Softwarebereich, Schulbuchverlage haben Schulen längst für sich sich entdeckt u.a. damit ein Geschäftsmodell etabliert, dass der eierlegenden Wollmichsau sehr nahe kommt.

Also nur Gewinner*innen?

Was bedeutet dieser Wandel wirklich für Kinder, Schüler*innen, Lehrer*innen? Die Zeit dafür, darüber Nachzudenken, wird i.d.R. kaum gewährt.

Viele Bildungsforscher*innen mahnen,

diesen Weg so

nicht weiter zu gehen.

Doch Druck auf Schulen aus den verantwortlichen Verwaltungen, aus Politik und Wirtschaft und durch viele Medien, genau diesen Weg so wie bisher weiter zu gehen und zwar möglichst schnell und sogenannte "Bedenkenträger" zu ignorieren und / oder als Digitalisierungsgegner*innen zu brandmarken, wächst stetig.

Hinzu kommt die oftmals verkürzte Sicht vieler Verantwortungsträger, was Digitalisierung von Schule betrifft, sowie die Unfähigkeit oder Nicht-Bereitschaft sich mit damit zusammenhängenden Konsequenzen tiefgehend auseinanderzusetzen und notwendige Diskussionen dazu in den Kollegien anzustoßen.

All dies lässt kaum erwarten, dass diese Mahnungen gehört werden.

Warum auch? Die

                                 Bildungsrevolution in Gladenbach

kommt auch so. In der Oberhessischen Presse vom 04.12.2021

OP

wird dies eindrucksvoll erläutert. Klingelingeling der Weihnachtsmann ist da. ;-)

In diesem Sinne

Christiane Herbert und Helmut Hinder

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Wer jetzt noch Lust und Muße hat, der / dem empfehle ich die nachfolgenden Gedanken zur "Digitalisierung in Schule" und was sie für uns Schüler*innen, Lehrer*innenden, Erziehungsberechtigte und Schule eigentlich bedeutet.

 

Schulen und digitale Medien

 von Helmut Hinder am 23.03.2021

Einführung

Unsere Gesellschaften stehen weltweit, mehr oder weniger, vor einem tiefgreifenden, wie notwendigen Wandel hin zur Digitalisierung. Entscheidend für den Erfolg dieser Entwicklung wird sein, dass das Gros der Menschheit auf diesem Wege mitgenommen wird und daran teilhaben kann.

Faszinierend macht diese Entwicklung, dass sie u.a. verspricht, entscheidende Beiträge zur Lösung der drängensten Probleme der Menschheit wie Energieknappheit und Klimakrise ... u.v.m. zu leisten.

Stichworte in diesem Zusammenhang sind z.B. KI, Smart City, Smart Home, Digitalisierung der Bildung. Ermutigende diesbezügliche Pilotprojekte weltweit geben dafür durchaus Hoffnung. Allerdings ist diese EentwMensch2ntwicklung auch mit vielen Risiken verbunden.

 

Zwei Wege zur Etablierung digitaler Medien in Schulen

Vorstellen und beschreiben möchte ich zwei gänzlich unterschiedliche Wege, die Schulen beschreiten, um digitale Bildung in ihren Bildungsplänen zu etablieren.

Weg 1: Die digitale Bildungsreform

Hier verliert der traditionelle Bildungsbegriff zunehmend an Bedeutung. Im Zentrum steht vielmehr das "Funktionieren" unserer Kinder in der digitalisierten Gesellschaft.

Darunter ist nicht zu verstehen, dass Lehrer*innen digitale Medien und Software als Hilfsmittel im Unterricht einsetzen, dass Schüler*innen z.B. Textverarbeitungs­pro­gramme, computergestützte Präsentationen oder den Umgang mit Tabellenkalkulationsprogrammen lernen, Auswertungen von Versuchen mit Programmen vornehmen, statistische Berechnungen durchführen oder lernen, Filme digital zu drehen und zu schneiden. Das gehört heute zu den Grundfertigkeiten, die man unzweifelhaft in der Schule lernen sollte.

Mit der digitalen Bildungsreform ist vielmehr eine Neugestaltung des Erziehungswesens verbunden.

Erziehung, Entwicklung und Leben werden nun kaum mehr vom Menschen her gedacht, sondern ausgehend von den verfügbaren, technischen Geräten und Mölichkeiten. 

Ein solcher Prozess ist vornehmlich geprägt von dem Glauben an die vollständige Messbarkeit der Welt, die Idee der Bestimmenden an die Steuerbarkeit aller kognitiven und sozialen Prozesse.  

bild1Lehrer*innen werden von Hard- und Softwareanbietern zu sogenannten Lern- und Technik-Coaches ausgebildet. Damit sind sie in der Lage die Produkte der IT-Industrie und der Schulbuchverlage im Unterricht kompetent zu erklären und einzusetzen.

Später übernehmen autonome eLearning-Systeme übernehmen das Lehren. Die Lehrer*innen werden zum Lernbegleiter oder gar überflüssig. Die Entmenschlichung und totale Überwachung unserer Schüler*innen wie der Gesellschaft im Gesamten ist die Folge.

Das, was in den digitalen Bildungsvorstellungen oft als individualisierter Unterricht favorisiert wird, ist in der Realität Frontalunterricht, vom Menschen befreit. 

Das soziale Gegenüber ist ein von Algorithmen gesteuerter "sprechender Bildschirm". Der Klassenverband entfällt, die durch den Lehrer erzeugte pädagogische Atmosphäre, weicht der Vereinzelung , technischer Kälte, Berechenbarkeit und Konditionierung .

Apple, Google , Microsoft drängen in die Schulen. Man setzt dabei auf gänzlich „geschlossene Systeme“ (Apple) Datenschutzexpert*innen warnen eindringlich vor solchen Entwicklungen, weil Datenschutz bzw. Datensouveränität dabei vielfach zu kurz kommen. Nach dem Gießkannenprinzip wird deren Hard- und Software in den Schulen verteilt

 

Weg 2: Bildungsreform unter Berücksichtigung digitaler Medien

Den zweiten Weg, den noch relativ wenige Schulen beschreiten, weil er vielleicht etwas beschwerlicher ist, bekommt von mir die Überschrift Bildungsreform. Ausgehend von den klassischen Werten von Erziehung und Bildung wird hier die Anstrengung unternommen, Digitale Medien zu integrieren. Dabei will man Argumente der neurobiologischen und lerntheorie Forschung genauso berücksichtigen wie diverbild3se Studien, die uns Hinweise darauf geben, wie, wann und in welchem Umfang der Einsatz D.M. im Unterricht sinnvoll sein kann. Dies soll hier ohne „geschlossene“ Systeme sondern vornehmlich mit Open Source realisiert werden, auch um dem berechtigten Verlangen nach Datenschutz und Datensouveränität gerecht zu werden.

Die aktuelle Situation

Gibt es nur diese beiden Wege oder gibt es einen „Königsweg? Welchen Weg wollen wir an den Schulen gehen?

Da die aktuelle „Gemengelage“ noch ziemlich unübersichtlich ist, gerade weil sie von unterschiedlichsten Interessen geprägt ist, gilt es zunächst einmal darüber Klarheit zu gewinnen, wer was will.

Hier die Schulen, die dazu angehalten sind den Wandel hin zu einer digitalen Gesellschaft zu unterstützen und Bildungspläne (Medienbildungspläne, …). Dafür haben sie i.d.R. aber nicht die notwendigen Ressourcen. Die Gewinnung fachlicher Expertisen durch Vertreter*innen der Hirnforschung, der Ärzteschaft, kompetenter Pädagog*innen, Datenschutzexpert*innen, … findet bisher kaum statt. Überforderung, bleibende Unwissenheit ist die Konsequenz.

Daneben stehen die Schulträger, vornehmlich daran interessiert, die Schulen mit Breitbandanschlüssen und durch finanzielle Anschubfinanzierung mit digitalen Endgeräten auszustatten. Stand jetzt, kommen unüberschaubare finanzielle Folgekosten auf die Schulen zu.

Auf der anderen Seite stehen große Konzerne der Hard- und Softwareindustrie, die genauso wie die Schulbuchverlage mit ihren digitalen Produkten in die Schulen drängen.

Kommentar

Genau deshalb muss Schule ihre Rolle in einem solchen Prozess finden und mit großem Verantwortungs-bewusstsein diesen Wandel aktiv begleiten. Hier wird darauf zu achten sein, die Anforderungen an eine „digitale Gesellschaft“ mit klassischen Werten von Bildung und Erziehung, wie der „gesunden“ Entfaltung und Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, der Bewahrung und Entwicklung demokratischer Werte, der Entwicklung sozialen Lernens u.a.m. in Einklang zu bringen. Dies erscheint aber nur möglich, wenn wir Lehrer*innen diesen Prozess des Wandels weitestgehend verstehen und Haltung dazu entwickeln .

Deshalb ist es unerlässlich, dass wir Lehrer*innen uns immer wieder bewusst machen, dass Bildung und Erziehung im eigentlichen Sinne danach fragen, 

  • was Kinder brauchen, um in jeder Beziehung gesund aufzuwachsen bild2

  • unter welchen Bedingungen das Gehirn optimal reift

  • sich die Sinne, die sozialen Fähigkeiten möglichst gut entwickeln 

  • ...

Daneben wollen wir uns natürlich auch fragen

  • welche Folgen der ausschließliche Einsatz US-amerikanischer Hard- und Softwarelösungen und damit der Verzicht auf OpenSource-Lösungen hat?

  • was eine (teilweise) Aufhebung / Aufweichung von notwendigen Datenschutzstandards bedeutet und was als notwendig erachtet wird um unsere Datenschutzrichtlinien zu beachten?

  • ...

Wenn diesbezüglich Antworten gefunden sind, können wir Lehrer*innen uns an der Entwicklung einer digitalen Bildungsreform angemessen beteiligen und versuchen Antworten darauf zu geben, wann und in wie weit digitale Medien Bestandteil des Schullebens sein sollen, wofür und in welchem Umfang. 

Ich wünsche uns trotzdem eine gute Zeit. Machen wir gemeinsam das Beste daraus.

 

Beste Grüße

Helmut Hinder
 


 !!! DenkMal - DenkMal - DenkMal !!!

 Das Rätsel No. 28 ist neu. Wer löst es? Versuchts doch mal! Wer einen Lösungsvorschlag hat, meldet sich bitte per E-Mail bei mir.

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 Summe und Produkt

Zu finden sind zwei natürliche Zahlen, die beide größer als 1, aber kleiner als 100 sind.
Eine Person, im folgenden "Herr Produkt" genannt, kennt das Produkt der beiden Zahlen, eine andere Person, im folgenden "Herr Summe" genannt, kennt ihre Summe. Zwischen beiden Personen entwickelt sich der folgende Dialog:

Herr Produkt: "Ich kenne die beiden Zahlen nicht."
Herr Summe: "Ich kenne die beiden Zahlen auch nicht, ich wusste aber, dass Sie sie nicht kennen."
Herr Produkt: "Dann kenne ich die beiden Zahlen jetzt."
Herr Summe: "Dann kenne ich die beiden Zahlen jetzt auch."

Welches sind die beiden Zahlen?

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Übrigens:  Diese Aufgaben wurden bisher gelöst. Herzlichen Glückwunsch!

Die anderen Rätsel-Aufgaben wurden von Winfried "der RätselFuchs" (No. 1, No. 4, No. 6, No. 9, No. 10, No. 11; No. 13; No. 14, No. 15, No. 16, No.17, No. 20,  No. 21, No. 23), Tan N. (No. 2), Marvin Rauchfuß (No. 3), Jessica C. (No. 5), Marinelle L. (No. 7), Lisa H. (No. 8), Patrick N. (No. 12), Peter G. (No. 18), Familie H. (No. 19), Chris (No. 22, No 24), Samuel, Marcel, Chris (No. 25), Samuel, Marcel, Chris und viele andere (No. 26), Sedric R. (No. 27)  gelöst.

Herzlichen Glückwunsch!